Grünes Wahlprogramm im #PlatzFürWien-Test

Grünes Wahlprogramm im #PlatzFürWien-Test

Eine Analyse des Grünen Wahlprogramms.

Vizebürgermeisterin Birgit Hebein hat bereits Mitte Juli die Forderungen von #PlatzFürWien ausdrücklich unterstützt. Nun wurde das Wahlprogram der Grünen veröffentlicht. Und tatsächlich: Das Programm nennt „Platz für Wien“ ausdrücklich als Vorbild und nimmt alle geforderten Themenbereiche auf. Allerdings fehlen präzise Ziele, wie sie die SP aus unserem Forderungskatalog übernommen hatte.

Am 17. Juli hatten unsere Sprecher*innen ein erfreuliches Ergebnis vom Gespräch mit Birgit Hebein mitgebracht: Die Spitzenkandidatin der Grünen sicherte uns nicht nur ihre Unterstützung für alle unsere 18 Forderungen zu, sondern befürwortete auch die Umsetzung eines Mobilitätsgipfels noch vor der Wien-Wahl. Dieses „Platz für Wien Symposium“ wird am 21. September stattfinden. Zum Wahlprogramm hatte sie auf die basisdemokratischen Prozesse der Grünen hingewiesen. Deren Resultat liegt nun auf 96 Seiten Wahlprogramm vor, und es ist vielversprechend.

Mehr Platz fürs Zufußgehen, Radfahren und Öffis

Bereits auf Seite 8 des Programms wird „Platz für Wien“ ausdrücklich erwähnt: „ …intelligente Stadt- und Verkehrsplanung, die sparsam mit dem zu Verfügung stehenden Platz umgeht, Zufußgehen und Radfahren  als gesunde und klimafreundliche Mobilität fördert und sichere Wege von hoher Qualität gewährleistet. Wir teilen hier die Forderungen der Initiative Platz für Wien.“ Die angesprochenen Forderungen werden auf den folgenden Seiten des Verkehrskapitels eingearbeitet. Die Vision „In Wiens Zukunft werden 85 % aller Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder den Öffis zurückgelegt“ übertrifft die Ziele des offiziellen Stadtentwicklungsplans STEP2025 (80% für Umweltverbund)

Alle Forderungen übernommen, Zahlen fehlen

Konkret beziehen sich die folgenden Formulierungen (S. 15 ff.) auf #PlatzFürWien-Forderungen. Wir führen dazu die von uns errechneten Zahlen für die Umsetzung bis 2030 an.

„Mehr Platz für Menschen / mit hoher Aufenthaltsqualität / stärken die Grätzel / Verkehrsberuhigte Wohngebiete und Bezirkszentren“: unsere Forderung 1) „100 verkehrsberuhigte Wohngebiete mit hoher Aufenthaltsqualität“

„Begegnungszonen, Grätzelstraßen und Flaniermeilen, autofreie
Bezirks- und Grätzelzentren“: 2) 60 Kilometer Fußgängerzonen bzw. Begegnungszonen

„Platz für FußgängerInnen, breit und barrierefrei“ 3) 1.000 km Gehsteige auf eine Durchgangsbreite von mindestens 2 Meter bringen

„100.000 neue Bäume bringen Schatten, Abkühlung und bessere Luft“ 4) 15.000 Bäume im Straßenraum pflanzen (Anmerkung: Straßenraum ist spezifischer definiert, daher die niedrigere Zahl)

„Zahlreiche Sitzgelegenheiten“: 5) 10.000 Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum errichten

„Vorplätze autofrei / Konzept auf alle Wiener Volksschulen ausweiten oder zumindest für Verkehrsberuhigung vor Schulbeginn und zu Unterrichtsende sorgen“:  6) 350 autofreie Schulvorplätze einrichten

„Tempo 30 auf allen Straßen innerhalb des Gürtels und in den Wohnvierteln in den Außenbezirken“: 7) Auf 800 km Straßen maximal Tempo 30 verordnen

„Mobilitätsprogramm wird insbesondere Kinder darin fördern, selbständig in der Stadt unterwegs zu sein / auf Rad-Spielplätzen spielerisch Sicherheit am Fahrrad zu erlangen.“ 8) 800 zusätzliche Fahrradkurse für Volksschüler*innen anbieten und dafür 30 Radspielplätze errichten

Radverkehr inhaltlich gut abgedeckt, ohne Ziele

In diesen Wahlversprechen werden jene fünf Radforderungen von #PlatzFürWien integriert, die von der SP wörtlich übernommen wurden:

„Investitionen in eine durchgängige und sichere Radinfrastruktur / gemischten Geh- und Radwegen erteilen wir eine Absage, dafür gibt es verstärkt baulich getrennte Radwege bzw. geschützte Radstreifen auf der Fahrbahn / Langstrecken-Verbindungen / Verkehrsberuhigte Fahrradstraßen, geöffnete Einbahnen / genügend diebstahlsicheren Abstellplätzen“

9) 300 km sichere Radwege auf Hauptstraßen errichten
10) 50 km Fahrradstraßen errichten
11) 375 km Einbahnen für den Radverkehr öffnen
12) 110 km Radschnellverbindungen errichten
13) 72.000 Fahrradstellplätze errichten

Die Kreuzungsthematiken und Multimodalitätsforderungen des #PlatzFürWien-Katalogs finden sich wie folgt nur vage wieder:

„Kreuzungen und Straßenquerungen müssen an die Alltagswege der Menschen angepasst werden, gut zu überblicken und sicher sein.“ 14) 250 Kreuzungen zu sicheren Kreuzungen umbauen / 15) 500 fuß- und radfreundliche Ampelschaltungen / 16) 125 sichere Querungsmöglichkeiten über Hauptstraßen

„Bessere Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Verkehrsmitteln“: 17) 1.000 Haltestellen des öffentlichen Verkehrs fuß- und radfreundlich gestalten

„Ausbau des Leihradsystems“: 18) 125 Stationen für öffentliche Leih-Fahrräder

Resumée: ein Mobilitätsgesetz mit definierten Zielen schafft Klarheit

Den Vorstellungen der menschengerechten Stadt im Grünen Wahlprogramm fehlen definierte Ziele, die in eventuellen Koalitionsverhandlungen mit der SP entstehen müssen. Denn Hebein hat bereits am 17. Juli zugesagt, dass sie diese Forderungen in die Verhandlungen mitnimmt. Besondere Bedeutung kommt diesem Satz zu: „Durch einen klugen Rückbau von Stellplätzen bzw. die Verlagerung in Garagen geben wir den Menschen ihre Stadt und Lebensqualität zurück.“ Mindestens 130.000 Parkplätze müssten in Garagen transferiert werden, um dies zu ermöglichen. Der Platz dafür ist vorhanden: laut ORF und Kurier gibt es bis zu 195.000 freie Garagenplätze in Wien.

Nur ein Mobilitätsgesetz, das die Koalitionspartner ab 2021 zur Umsetzung dieses Potentials verpflichtet, kann den benötigten „Platz für Wien“ herbeiführen.

Link: https://wien.gruene.at/wahlprogramm/