Die 57.760 Unterzeichner*innen fordern seit dem Wahltag 2020 den Gemeinderat und die Bezirksvertretungen der Stadt Wien auf, die unten stehenden achtzehn Maßnahmen verbindlich umzusetzen und dafür ausreichend Budget und Personal sicherzustellen. Dies ist durch Beschlüsse in Gemeinderat und Bezirksvertretungen herbeizuführen und mit Mobilitätskonzepten zu begleiten, die durch Bürger*innenbeteiligung erstellt werden.
Die detailliert ausgearbeiteten Maßnahmen, die wir wie hier dargestellt einfordern, sollen in einem Zeitraum von zehn Jahren umgesetzt werden, um bis zum Jahr 2030 ein flächengerechtes Wien zu erschaffen.
Viele Wohngebiete in Wien werden von Kfz-Schleichwegen durchschnitten. Die Folgen sind Lärm, Abgase, Gefährdung. Die Bewohner*innen finden nicht genug lebenswerten Platz vor, das soziale Leben leidet darunter, Kinder können nicht selbstständig im Grätzl unterwegs sein.
Wir fordern daher die Verkehrsberuhigung von 10 Wohngebieten pro Jahr bis 2030:
Dadurch erreichen wir eine Entlastung der Wohngebiete vom Durchzugsverkehr, Sicherheitsgewinn und Steigerung der Lebensqualität durch weniger Autoverkehr und Klimawandel-Anpassung durch Begrünung. Die lokale Erreichbarkeit für Bewohner*innen und Besucher*innen bleibt bestehen. Mehr Ladezonen bedeuten eine Erleichterung für den Wirtschaftsverkehr. Als Vorbild kann das international bekannte Konzept der „Superblocks“ dienen.
Der öffentliche Raum bietet kaum Aufenthaltsqualität für Fußgänger*innen. Autos haben den meisten Platz auf der Straße: Der Anteil der Fahrbahnen beträgt 67 Prozent, der Anteil des Kfz-Verkehrs jedoch nur 30%. Dadurch besteht ein krasses Missverhältnis zwischen Nutzungsfrequenz und Flächenzuteilung. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen werden dabei benachteiligt. Wien verfügt nur über 21 km Fußgängerzonen und 3 km Begegnungszonen. Im Schnitt werden nur 300 m pro Jahr neu errichtet.
Wir fordern daher die Umsetzung von 6 km Fußgängerzonen bzw. Begegnungszonen pro Jahr bis 2030:
Diese Maßnahmen zielen beispielsweise auf Einkaufsstraßen ab und auf Straßenzüge, die schon jetzt von Fuß- und Radverkehr stark genutzt werden. Damit erreichen wir auch außerhalb der Wohngebiete die Verdreifachung des Bestandes an lebenswertem, verkehrsberuhigten Straßenraum bis 2030.
38 Prozent der Gehsteige in Wien sind schmäler als 2 Meter. 1.457 Kilometer Gehsteige verfehlen also jene Mindestbreite, die sich die Stadt selbst bereits im Masterplan Verkehr 2003 als Richtlinie gesetzt hat. Auf Gehsteigen werden Verkehrszeichen, Ampelsteher, Lichtmasten, Hydranten, Zählerkästen, Werbetafeln, Mistkübel und Zeitungsständer platziert, um den parkenden oder fahrenden Kfz-Verkehr nicht zu behindern.
Dazu kommen noch Parkplätze, die zur Maximierung des Parkraums auf den Gehsteig verlegt wurden und den Platz der Fußgänger*innen noch weiter einengen sowie Schrāg- und Querparkplätze, die einem barrierefreien, sicheren Queren entgegenstehen.
Wir fordern daher, 100 Kilometer Gehsteige jährlich bis zum Zieljahr 2030 auf eine durchgängige Netto-Breite von 2 Metern zu bringen.
Wir erreichen dadurch eine deutliche Verbesserung für Fußgänger*innen. Die Benutzbarkeit mit Kinderwagen oder Rollstuhl wird deutlich erleichtert. Diese Maßnahme bringt Attraktivität, Sicherheit, Sichtbeziehungen und mehr Querungsmöglichkeiten sowie Barrierefreiheit für Sehbehinderte und Bewegungseingeschränkte.
Im Sommer erhitzt sich die Stadt durch den Klimawandel immer mehr, vor allem in dicht bebauten Gebieten ohne viel Begrünung. Autos und Asphalt speichern Hitze, die sich gesundheitsgefährdend auswirkt – nicht nur für ältere Menschen. Versiegelte Flächen begünstigen Überschwemmungen durch Starkregen, der durch den Klimawandel vermehrt auftritt.
Wir fordern daher, bis 2030 im Straßenraum 1.500 neue Bäume pro Jahr zu pflanzen.
Damit erreichen wir eine kühlere Stadt mit mehr Aufenthaltsqualität und besserer Luft. Bäume und Begrünung im Straßenraum sorgen bei Hitze für Erleichterung, vor allem für Kinder und ältere Menschen. Alle Fußwege lassen sich angenehmer zurücklegen.
Für einen barrierefreien Stadtraum, der für alle Bevölkerungsgruppen attraktiv ist, spielen konsumfreie komfortable Sitzmöglichkeiten in regelmäßigen Abständen eine entscheidende Rolle. Ohne diese ist es speziell für ältere Personen schwieriger, Wege zu Fuß zurückzulegen und am öffentlichen Leben teilzunehmen.
Wir fordern daher, 1.000 Sitzgelegenheiten jährlich bis 2030 zu errichten.
Damit erreichen wir eine umfangreiche Abdeckung des Straßenraums mit Sitzgelegenheiten und erleichtern die Mobilität für bewegungseingeschränkte Menschen. Der öffentliche Raum wird attraktiver und lädt zum Verweilen ein, besonders in Verbindung mit Verkehrsberuhigung.
Details und Informationen zum Forderungspaket „Attraktive Straßen zum Gehen und Verweilen“ (PDF 1,8MB)
Der tägliche Schulweg ist für Kinder oft ein gefährlicher Spießrutenlauf. Es kommen zu viele Elterntaxis zum Einsatz. Kinder haben im nicht verkehrsberuhigten Schulumfeld zu wenig Platz für soziale Interaktion. Die aus den Schulwegplänen von Stadt Wien und AUVA bekannten Gefahrenstellen werden nicht ausreichend entschärft. Von den 500 Pflichtschulen in Wien liegen erst 150 in verkehrsberuhigten Bereichen in Wohnstraßen oder mit autofreiem Schulvorplatz.
Daher fordern wir, 35 autofreie Schulvorplätze pro Jahr bis 2030 zu realisieren.
Ein attraktives Schulumfeld und sichere Schulwege ermöglichen selbstbestimmte, sichere Kindermobilität ohne Elterntaxis – auch abseits der Schulwege.
Auf ungefähr einem Drittel des 2.800 km langen Wiener Straßennetzes gilt noch eine Tempoerlaubnis von 50 km/h. Doch auch an diesen Straßen wohnen Anrainer*innen, auch dort gibt es Querungsbedarf. Tempo 50 innerstädtisch führt zu einer Gefährdung aller Verkehrsteilnehmer*innen. Denn hohe Geschwindigkeit verringert die Anhaltebereitschaft und erhöht den Bremsweg. Dadurch ist sie ein wesentlicher Faktor für Unfallhäufigkeit und Unfallschwere. Zusätzlich steigt mit der Kfz-Geschwindigkeit die Lärm- und Schadstoffbelastung.
Wir fordern daher, 80 Kilometer Straßen jährlich bis 2030 auf maximal 30 km/h zu beruhigen.
Tempo 30 reduziert den Anhalteweg von Kfz sowie die Unfallwahrscheinlichkeit und die Unfallschwere deutlich. Dazu werden für den Fuß- und Radverkehr die Querungsmöglichkeiten vereinfacht und das Radfahren im Mischverkehr verbessert. Zusätzlich reduziert sich der Lärm, was die Lebensqualität der Anwohner*innen steigert.
Zu wenige Wiener Kinder erlernen Radfahren ausreichend, um sich sicher fortbewegen zu können. Nur ein Fünftel der Viertklässler*innen können an der freiwilligen Radprüfung teilnehmen. Es mangelt an Radkursen und geeigneten Übungsplätzen. Dabei ist das Erlernen des Radfahrens nicht nur für die motorische Entwicklung der Kinder wichtig, sondern prägt auch das Mobilitätsverhalten im weiteren Leben.
Daher fordern wir, jährlich 160 zusätzliche Radkursangebote für Volksschulklassen bis 2025 zu ermöglichen.
Radfahr-Routine und Kenntnisse der StVO sind für Fahrten im Straßenverkehr von großer Bedeutung und geben den Kindern die Möglichkeit für eine selbstbewusste Teilnahme am Verkehr. Das Absolvieren der Radprüfung ermöglicht Kindern ab 9 Jahren auch ohne Begleitung der Eltern Rad zu fahren, z.B. für den Schulweg.
Details und Informationen zum Forderungspaket „Sichere Mobilität für Kinder“ (PDF 0,9MB)
In Wien gibt es derzeit 160 unzusammenhängende Kilometer Radwege an etwa 560 km Hauptstraßen. Ergänzt werden diese Radwege durch Mehrzweckstreifen oder Radstreifen, die häufig viel zu schmal und zu gefährlich sind. Es fehlt ein durchgängiges Netz von sicheren und komfortablen Radwegen. Plötzlich geöffnete Autotüren und knapp überholende Kfz-Lenkende stellen ein großes Sicherheitsrisiko für Menschen auf dem Fahrrad dar. Zur Etablierung des Fahrrads als Alltagsverkehrsmittel für alle braucht es einen umfassenden Ausbau der Radwege.
Wir fordern daher die Errichtung von jährlich 30 km baulich getrennten Radwegen oder geschützten Radstreifen entlang von Hauptstraßen.
Durch die Errichtung baulich getrennter Radwege erhöht sich die gefühlte und tatsächliche Sicherheit der Radfahrer*innen. Konflikte zwischen Fußgänger*innen und Radfahrer*innen, die auf gemischten Radwegen auftreten, werden vermieden. Im Sinne einer kindergerechten Stadt kann auf sicheren Radwegen auch unser Nachwuchs am Verkehrsgeschehen teilnehmen.
Das Wiener Radverkehrsnetz weist in vielen Gegenden große Lücken auf. Verkehrsberuhigte Fahrradstraßen sind im untergeordneten Straßennetz eine wichtige Ergänzung zu Radwegen an Hauptstraßen, um ein sicheres Netz zu schaffen. Mit Jahresbeginn 2020 existierten in Wien nur acht Fahrradstraßen, großteils am Stadtrand. Dabei stellen Fahrradstraßen eine einfache und kostengünstige Möglichkeit dar, ein komfortables Umfeld für Radfahrende zu schaffen.
Wir fordern daher, jährlich 10 Kilometer Fahrradstraßen bis 2025 zu schaffen.
Fahrradstraßen sind die ideale Radfahrumgebung für alle Altersgruppen. Gute Gestaltung von Fahrradstraßen schafft Wohngebiete mit hoher Aufenthaltsqualität, wovon auch die Bewohner*innen profitieren. Für Kinder stellen Fahrradstraßen das optimale Umfeld dar, Radfahren in sicherer Umgebung und im direkten Wohnumfeld zu erlernen.
Von den mehr als 800 Kilometer Einbahnen in Wien sind nur 350 Kilometer für Radfahrende zum Befahren in beide Richtungen geöffnet. Dadurch müssen, gerade auf kürzeren Strecken im Grätzl, teilweise unverhältnismäßig große Umwege in Kauf genommen werden.
Wir fordern daher, bis 2025 jährlich 75 Kilometer Einbahnen für den Radverkehr zu öffnen.
Damit erreichen wir eine flächendeckende Öffnung von Einbahnen, wo das baulich möglich und verkehrlich sinnvoll ist, nämlich bei 90% der Einbahnen. Radfahrende müssen dann weniger Umwege machen, der Radverkehr gewinnt an Attraktivität.
Das Radverkehrsnetz in Wien ist lückenhaft. Die Qualität der Radverkehrsanlagen wechselt ständig. Das macht es mühsam, im Alltag längere Strecken mit dem Fahrrad zurückzulegen. Das hat auch die Stadt Wien erkannt und deshalb Korridore für 13 Radschnellverbindungen mit einer Gesamtlänge von rund 140 Kilometern konzipiert. Bisher erfüllen nur rund 30 Kilometer die angestrebten Qualitätskriterien, keiner der 13 Korridore ist vollständig umgesetzt.
Wir fordern daher, 11 Kilometer Radschnellverbindungen jährlich bis 2030 zu errichten
Mit den Radschnellverbindungen wird das Fahrrad eine attraktive Alternative für Pendler*innen. Das ist nicht nur gut für Klima und Umwelt, sondern auch für die Gesundheit. Öffentliche Verkehrsmittel, die insbesondere zur Stoßzeit an ihrer Kapazitätsgrenze sind, werden entlastet.
Fehlende Radabstellplätze, an denen das Fahrrad sicher abgestellt werden kann, zählen zu den meistgenannten Gründen der Unzufriedenheit von Radfahrer*innen in Wien. Für den weiter zunehmenden Radverkehr sind nicht genügend Radbügel im öffentlichen Raum verfügbar. Dabei ist Fahrradparken sehr platzeffizient: bis zu 10 Fahrräder passen auf einen Autoparkplatz.
Wir fordern daher die Errichtung von 7.200 Radabstellplätzen pro Jahr bis 2030.
Erst durch ausreichende und gut erreichbare Radabstellplätze in guter Qualität wird der Radverkehr als vollwertiger Bestandteil des Wiener Verkehrsgeschehens respektiert. Radabstellanlagen tragen zu Ordnung und Diebstahlsicherheit bei.
Details und Informationen zum Forderungspaket „Durchgängige und sichere Radinfrastruktur“ (PDF 1,8MB)
Häufig enden Radwege vor Kreuzungen und Radfahrende finden sich plötzlich im Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen wieder. Und das gerade dort, wo Radfahrende den größten Schutz brauchen. Denn Kreuzungen sind das schwächste Glied in der Kette des Verkehrsnetzes, an denen sich 60 Prozent der Kollisionen von Kraftfahrzeugen mit Radfahrer*innen ereignen. Für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen fehlt es oft an ausreichenden Aufstellflächen und Schutz vor abbiegenden Kfz oder Lkw.
Wir fordern daher, bis 2030 jährlich 25 Kreuzungen an Hauptstraßen zu sicheren Kreuzungen umzugestalten.
Durch sicher umgestaltete Kreuzungen sind Menschen zu Fuß oder auf dem Fahrrad besser vor Unfällen geschützt. Das Risiko, Opfer einer Kollision mit einem Kfz zu werden, ist stark reduziert. Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmer*innen werden durch Entflechtung im Kreuzungsbereich vermindert.
Fußgänger*innen und Radfahrer*innen müssen an Ampeln oftmals lange auf Grün warten, da Ampelschaltungen auf die Flüssigkeit des Kfz-Verkehrs ausgerichtet sind. Grünphasen können zu kurz sein, um Kindern, älteren und mobilitätseingeschränkten Personen komfortable Querungen zu erlauben. Wien hat großes Ampel-Einsparungspotential, da in Tempo 30-Zonen über 100 Ampeln stehen, obwohl Verkehrssicherheit dort besser durch Verkehrsberuhigung sichergestellt werden kann.
Wir fordern daher, bis 2030 pro Jahr fuß- und radfreundliche Ampelschaltungen bei 50 ampelgeregelten Kreuzungen umzusetzen.
Durch längere Grünphasen und kürzere Umlaufzeiten kommt es zu einem erheblichen Komfort- und Sicherheitsgewinn für Menschen zu Fuß und auf dem Rad. Durch Reduktion von Ampeln in Wohngebieten können Ampel-Wartungskosten eingespart werden.
Auf Hauptstraßen wird in der Regel der Autoverkehr bevorzugt. Besonders Fußgänger*innen, aber auch Radfahrer*innen, werden bei der Querung dieser Hauptstraßen stark eingeschränkt, wenn die Entfernung zwischen Zebrastreifen oder Ampelquerungen zu groß ist. Wenn die nächste sichere Querung 300m entfernt ist, entsteht ein Umweg von 10 Minuten.
Wir fordern daher bis 2025 pro Jahr die Errichtung von 25 sicheren Querungsmöglichkeiten über Hauptstraßen .
Mit dieser Maßnahme wird die Verkehrssicherheit auf Wiens Straßen deutlich erhöht.
Details und Informationen zum Forderungspaket „Sichere Kreuzungen“ (PDF 1,8MB)
Viele Haltestellen für Straßenbahnen und Busse in Wien sind derzeit wenig attraktiv gestaltet. Bei der Hälfte gibt es keinen Witterungsschutz. Es fehlt Platz zum Warten, zum Vorbeigehen oder zum Vorbeifahren. Viele der rund 5.300 Haltestellen für Bus und Bim und der 109 U-Bahn-Stationen haben großes Potenzial als intermodale Umsteigeknoten, um vom Rad auf die Öffis zu wechseln.
Wir fordern daher, bis 2030 jährlich 100 Haltestellen des öffentlichen Verkehrs umzugestalten.
Die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel wird dadurch für wartende Personen und umsteigende Radfahrer*innen attraktiver. Konflikte zwischen Rad- und Fußverkehr an bisherigen Engstellen in Haltestellenbereichen werden entschärft.
Die vorhandenen Stationen für öffentliche Leihräder von Citybike Wien decken derzeit nicht das gesamte Stadtgebiet ab und sind mit durchschnittlich 700m zu weit voneinander entfernt. Transporträder fehlen noch im Citybike-System.
Daher fordern wir, bis 2025 jährlich 25 Leihrad-Stationen zu errichten und damit die heutige Anzahl zu verdoppeln.
Die bessere Abdeckung durch Citybikes – wie in anderen europäischen Städten schon verfügbar – macht Leih-Fahrräder für mehr Personen und mehr Arten von Fahrten zu einer attraktiven Alternative für Wege oder als Zubringer zum ÖV.
Details und Informationen zum Forderungspaket „Multimodalität durch attraktives Umsteigen“ (PDF 1,8MB)