Platz für Wien: “Weiter wie immer” spielt’s jetzt nimmer!

Platz für Wien: “Weiter wie immer” spielt’s jetzt nimmer!

Mit der heutigen Sitzung des Wiener Petitionsausschusses erreicht das unrühmliche Kapitel der SPÖ Verkehrspolitik einen neuerlichen Tiefpunkt. Nachdem der Übernahme des Verkehrsressorts durch Ulli Sima bereits etliche progressive Projekte zum Opfer gefallen sind, tritt nun auch der Petitionsausschuss die Interessen von 57.760 Bürger*innen mit Füßen. Auch der Ausschuss verkennt völlig die Dringlichkeit der Lage. Will Bürgermeister Ludwig Teil des Problems oder Teil der Lösung sein?  

Heute hat der Wiener Petitionsausschuss über den Ausgang der “Platz für Wien”-Petition entschieden – trotz unzureichender Entscheidungsgrundlage: 2 Stadträte (Jürgen Czernohorszky, Peter Hanke) sind in ihren Stellungnahmen nicht auf den Petitionsinhalt eingegangen, eine Bezirksvorsteherin hat es trotz Reklamation nicht geschafft, ihre Stellungnahme zur richtigen Petition abzugeben, und sechs Bezirksvorsteher*innen haben überhaupt praktisch wortgleiche Texte fast ohne Bezirksbezug abgeliefert – für die Mitglieder des Petitionsausschusses allerdings kein Grund für Nachforderungen. “Wenn es ohnehin keine Qualitätsanforderungen an die Stellungnahmen gibt, wozu werden dann überhaupt welche eingeholt?”, fragt sich “Platz für Wien”-Sprecherin Barbara Laa.

Sima schießt den Vogel ab

Die Ignoranz ihrer Kolleg*innen toppt Verkehrsstadträtin Ulli Sima aber problemlos. Ihrer fehlenden Stellungnahme war es geschuldet, dass der Petitionsausschuss seine Empfehlungen nicht schon beim letzten Termin am 2. Juli abgeben konnte. Grund für die Verzögerung sei die „Beantwortung des umfangreichen Forderungskataloges“ durch die Geschäftsgruppe Innovation, Stadtplanung und Mobilität gewesen. Rechtzeitig zur heutigen Sitzung des Petitionsausschusses hat Ulli Sima nun eine offizielle Stellungnahme abgegeben, die fast im exakten Wortlaut den bereits Monate zuvor abgegebenen – und voneinander plagiierten – Stellungnahmen der sechs SPÖ-Bezirksvorsteher*innen gleicht. 

“Wer hat diese inzwischen 7-fach vorhandene Stellungnahme denn verfasst?” fragt Ulrich Leth verwundert. “Wenn Sie aus der Geschäftsgruppe der Stadträtin stammt und von den sechs Bezirksvorsteher*innen einfallslos kopiert wurde – wieso hat die Verkehrsstadträtin sie dann nicht gemeinsam mit allen anderen schon beim letzten Petitionsausschuss eingereicht, sondern zwei Monate verstreichen lassen? Oder hat Sima inzwischen gar von den Bezirksvorsteher*innen abgeschrieben und gar keine Rücksprache mit den stadteigenen Expert*innen gehalten?”

Die Petition ist eines der wenigen direktdemokratischen Mittel für Bürger*innen, ihre Anliegen unmittelbar den politischen Vertretern zu unterbreiten. Für eine Behandlung eines Anliegens im Petitionsausschuss sind 500 Unterschriften notwendig. Die Initiative „Platz für Wien“ hat 57.760 Unterschriften – über 100 mal so viele wie notwendig – für ihre 18 Forderungen für eine flächengerechte, klimagerechte und kindgerechte Stadt gesammelt.

“Unter den derzeitigen Bedingungen können wir keiner Bürger*inneninitiative empfehlen eine Petition einzureichen. Das ist eine Beschäftigungstherapie für die Bürger*innen, ein demokratisches Beschwichtigungsinstrument, reine Zeitverschwendung”, bringt Ulrich Leth, Einbringer der “Platz für Wien”- Petition, die Kritik auf den Punkt.

Petitionsausschuss empfiehlt “weiter wie immer”

So viel zur Vorgeschichte. Heute hat der Petitionsausschuss die Petition “Platz für Wien” mit Empfehlungen an die zuständigen Stadträt*innen Ulli Sima und Jürgen Czernohorszky und an die Bezirksvorsteher*innen der 23 Wiener Gemeindebezirke abgeschlossen: die vom Gemeinderat in diversen Strategien und Fachkonzepten beschlossenen Zielsetzungen seien weiterzuverfolgen, es werde ohnehin schon viel für die Förderung der aktiven Mobilität und für die Klimawandelanpassung getan. Sämtliche dringend notwendigen Empfehlungen – von Platz für Wien in einem offenen Brief an den Petitionsausschuss übermittelt – wurden dabei ignoriert.

“Das Verfehlen diverser selbst gesetzter Ziele durch die Stadt Wien und die Widerstände in den Bezirken gegen dringend notwendige Maßnahmen waren mitentscheidend für die Gründung von Platz für Wien!”, erinnert sich Ulrich Leth. “Mit dieser Empfehlung legitimiert und prolongiert der Petitionsausschuss eine langen Serie verkehrspolitischer Rückschläge während der noch kurzen SPÖ-Amtszeit im Verkehrsressort: von der Absage bzw. vom Stopp bereits durchgeplanter Vorhaben wie der Praterstraße, der Reinprechtsdorfer Straße, dem Superblock Volkertviertel oder der flächendeckenden Tempo 30-Zonen in den Innenbezirken über das enttäuschende Radausbauprogramm 2021 und den teilweisen Rückbau von Radinfrastruktur (Ottakringer Straße) bis zum Festhalten an nachweislich stadt-, umwelt- und menschenschädlichen Autobahnprojekten in und um Wien.”

Das System Ludwig

Dass die Stadtregierung bei der Anpassung ihrer Verkehrspolitik an die drastische Realität der Klimakrise scheitert, ist dabei symptomatisch für ein größeres Problem der SPÖ: mächtige Teile der Partei hängen dem Glauben an, dass Parkplätze in Wien direkt in Wähler*innenstimmen umgerechnet werden können. “Michael Ludwig hat bei der Wahl 2020 in absoluten Zahlen beinahe 28.000 Stimmen eingebüßt. Die SPÖ führt einen Abstiegskampf, ist aber trotz unser aller Betroffenheit von der Klimakrise noch immer nicht bereit von ihrer veralteten Linie abzulassen und im 21. Jahrhundert anzukommen. Die Leidtragenden sind die Wienerinnen und Wiener,” erläutert Barbara Laa. “Bei den stark eingeschränkten Möglichkeiten der Mitbestimmung durch Bürger*inneninitiativen und beim derzeitigen Umgang der Politik mit ihnen liegt es an der Zivilgesellschaft, auf der Straße Progressivität von der Regierung einzufordern. Bis zur nächsten Wahl ist es noch zu lange.”

Aus diesem Grund ruft Platz Für Wien zu weiteren Protestaktionen auf, die an folgenden Terminen stattfinden werden: